Nachttraining mit Dominic Thiem, „damit er kein sozialer Trottel wird“

Auch in der Zeit beim Bundesheer bleibt Dominic Thiem nicht von Nachttrainings mit Sepp Resnik verschont. Aus gutem Grund.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 03.12.2014, 09:13 Uhr

Von Manuel Wachta

„Kompletter Schwachsinn! Einen talentierten Sportler in den Grundwehrdienst zu schicken“ – eine von so vielen negativen Meinungen der tennisnet.com-User und vieler anderer Leute zum Einrücken von Dominic Thiem beim Österreichischen Bundesheer. Vom 3. bis 20. November absolvierte die Nummer eins im rot-weiß-roten Tennis (wie berichtet) die Grundausbildung in der Burstyn-Kaserne in Zwölfaxing, wo sich der 21-Jährige in dieser Zeit über weite Strecken aufhalten musste. Am Tag darauf übersiedelte er ins Heeressportleistungszentrum Südstadt, seiner altgewohnten Trainingsstätte in Maria Enzersdorf unter seinem Coach Günter Bresnik. Und brach bloß einen weiteren Tag danach, am 22. November, mit seinen TrainingspartnernErnests Gulbis(Lettland),Dennis Novakund dem Austro-ItalienerRiccardo Bellottisogleich zu einem vierwöchigen Trainingslager auf Teneriffa auf, um sich dort ordnungsgemäß auf die Saison 2015 vorzubereiten.

„Vergeudete Zeit“? Nicht für Resnik!

Zahlreiche Menschen hinterfragten dieser Tage, warum Spitzensportler vom Österreichischen Bundesheer von ihrem Trainings-Alltag abgehalten werden müssen und bezeichnen dies sogar als „vergeudete Zeit“. Dem allerdings widerspricht Sepp Resnik, Thiems Fitnesscoach und ein Ex-Offizier, vehement: „Zwei Drittel der Heeresleistungssportler betreiben Sportarten, die sie sonst nie betreiben könnten, da sich das finanziell nicht ausgehen würde“, klärt der 61-Jährige gegenüber tennisnet.com auf und stellt klar fest: „Ein Weltmeister im Wildwasserpaddeln, ein Junioren-Europameister im Judo – sie alle könnten ihren Sport niemals in dieser Qualität und auf dieser Stufe betreiben. Die Unterstützung durch das Österreichische Bundesheer ist für sie also ein absoluter Segen. Sie bringt erstens eine finanzielle Absicherung durch ein Gehalt und zweitens eine Sozial- und Krankenversicherung. Der Athlet steht damit selbständig auf festen Beinen. Wenn er so gut ist, dass er Sponsoren kriegt, erleichtert das natürlich so einiges, aber viele schaffen das nicht.“

Alles gratis – „Wer soll mich das auch zahlen?“

Besonders ärgert sich Resnik über „den weit verbreiteten Irrglauben, dass Tennisspieler ja so viel verdienen. Denn sogar im Challenger-Bereich zahlen die Leute immer noch mehr ein als sie herauskriegen. Und wie lange braucht man, um überhaupt einmal dort hinzukommen? Da reden wir von zehn bis zwölf Jahren Aufbau.“ Der Steirer fragt sich manchmal: „Ja sind denn die Menschen schon komplett verblödet? Man hört und liest bei Preisgeldern immer nur vom Bruttobetrag, die Leute und die Medien schreiben aber nie die Kosten dazu.“ Der Steirer hilft Thiem laut eigenen Angaben gratis: „Wer soll mich das auch zahlen, 24 Stunden pro Tag? Ich mache es, weil er so ein positiver Mensch ist, ein tolles Umfeld und eine tolle Familie besitzt. Und mit Günter einen Weltklassetrainer hat, der zwar sehr eigenwillig ist, aber das muss man durchdrücken.“ Ohne all diese so gut zusammenspielenden Faktoren „wäre ‚Domi’ nicht das geworden, was er heute ist.“

„Außergewöhnliche Leistungen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen“

Resnik erklärt: „Mein Auftrag ist es, zu ermöglichen, dass der Bursche statt einer Stunde mal drei bis vier Stunden auf höchstem Niveau spielen kann. Dazu müssen wir den Umfang leider verzehnfachen, das habe ich stets gesagt. Und eben auch in der Nacht trainieren, damit er kein sozialer Trottel wird.“ Auch in der sechsmonatigen Zeit beim Bundesheer wird Thiem hiervon nicht verschont bleiben. Denn es funktioniert für den Extremsportler Resnik nur so: „Dominic lernt sonst zivil nie ein Tageslicht kennen und kann keine Freunde sehen. Also soll er normal leben und schlafen gehen, seine Freundschaften pflegen. Und ich fahre dann halt in der Nacht zu ihm und wecke ihn zum Training auf. Außergewöhnliche Leistungen erfordern schließlich außergewöhnliche Maßnahmen.“

von tennisnet.com

Mittwoch
03.12.2014, 09:13 Uhr